Werte Freunde der Uhrmacherei,
heute möchte ich mal von einer Veredelung berichten, die mich fast an den Rand des Wahnsinns getrieben hat.
Das Uhrwerk war in einem sehr schlechten Zustand und hat keine Lebenszeichen mehr von sich gegeben: Die Unruh war sehr stark beschädigt, Teile vom Aufzug haben gefehlt
und das Werk war super dreckig.
Nun sollte ich hier das Werk, inklusive einer Veredelung, neu aufbauen.
Es hat mich mehrfach fluchen lassen, in der Galvanik war die Behandlung der Platinen und Brücken äußerst schwierig. Ich musste mehrfach die Zierschliffe erneuern. Eine beigelegte Schwanenhalsfeinregulierung sollte noch verbaut werden.
Mit einer neuen Unruh gibt dieses Uhrwerk nun wieder kräftige Herzschläge von sich.
Werte Freunde der Uhrmacherei,
in meinem Uhrmacherleben kommt es alle Jahre mal vor, dass jemand ein altes Uhrwerk aus GUB Zeiten veredelt haben möchte. Das erste Mal tat ich dies vor 9 Jahren auch an einem GUB 69.1.
Ich mache das nur noch sehr selten: Die hauptberufliche Arbeit bei einem Startup nimmt mir sehr viel Zeit, und da gibt es nur noch sehr kleine Fenster für solche Projekte. Aber da man nie so ganz mit etwas aufhört, kommt es doch ab und zu noch vor.
Besonders beschwerlich war die Suche nach einer neuen Datumsscheibe. Das Uhrwerk ist inzwischen über 50 Jahre alt. Ersatzteile sind sehr schwer zu bekommen,
ich habe danach gejagt, als würde ich das Bernsteinzimmer suchen...
Bei vielen gediegenen Uhrmachermeistern aus alten Zeiten hab ich Türen aufgestoßen, Türklinken geputzt und immer weiter an dem Ziel fest gehalten.
Ganz am Rand von Berlin, versteckt, konnte mir dann ein lieber älterer Uhrmachermeister mit der Datumsscheibe aushelfen. Man beachte diese liebe Verpackung in einem Orange, die noch mit der Hand beschriftet wurde. Ich war stolz wie Bolle, diesen Berg erzwungen zu haben.
Diese Uhr hat das alte Gehäuse behalten, das Zifferblatt wurde mal restauriert.
Ich hatte glücklicherweise noch einen Gehäuseboden da und konnte für diese Uhr einen Glasboden daraus bauen.
Der Besitzer der Uhr hat die Uhr mit Ihrem originalen Gehäuseboden und dem Glasboden zusätzlich zurück bekommen. Mit dem Originalgehäuseboden kann er die Uhr auch mal im "Tarnmodus" tragen, haha!
Werter Freund der Uhrmacherei,
bei modernen Armbanduhren sind die Zahnräder meist gestanzt. Dies hat zur Folge, dass die Flächen glatt und poliert sind.
Was für die Zahnflanken eine gute Sache ist, sieht auf den Oberflächen für den Betrachter meist etwas langweilig aus.
Wenn man hier einen Kreisschliff drauf zaubert, bekommt so eine Uhr gleich viel mehr Tiefe.
Werte Freunde der Uhrmacherei,
ich habe vor 3 Monaten ein skelettiertes Unitas 6409 erstanden.
Das Uhrwerk hat hier noch eine Gravur auf den Stegen. Diese Gravur war so tief, dass ich diese nicht raus schleifen konnte.
Ich hatte hier aber auch schon eine Idee, wie ich das Werk entsprechend meiner "Handschrift" veredeln könnte.
Die Gravuren habe ich mit Abdecklack versehen und dann konnte ich meine Zierschliffe hier aufbringen. Die Schrauben sind hier poliert und vergoldet worden. Kron- und Sperrrad sowie die Sperrklinke haben einen Glashütter Sonnenschliff von mir erhalten und wurden dann blau angelassen.
Das Werk hat eine Schraubenunruh und eine Triovis-Feinregulierung.
Bald kann ich dann die komplette Uhr dazu dann vorstellen.